Steuerhinterziehung – Unterschied zwischen „fahrlässig“ und „vorsätzlich“

Update: 11. Januar 2024

In Fällen von Steuerhinterziehung tauchen immer wieder die Begriffe „fahrlässig“ und „vorsätzlich“ auf. Ob ein Steuerzahler bei seinen Angaben in der Steuererklärung vorsätzlich oder fahrlässig handelt, hat unterschiedliche Konsequenzen bei der Entdeckung des Steuerbetrugs. Entweder wird er als Straftat nach § 370 AO verfolgt oder als Ordnungswidrigkeit nach § 378 AO. Wir zeigen Ihnen, worin die Unterschiede zwischen den beiden Verhaltensweisen liegen.

Vorsätzliche Steuerhinterziehung

Handelt jemand bei seinen Steuerangaben willentlich und wissentlich falsch, dann ist der Tatbestand des Vorsatzes erfüllt. Dabei müssen sich dieser Wille und dieses Wissen allerdings auf alle Tatbestandsmerkmale beziehen, d.h. es werden unrichtige bzw. unvollständige Angaben gemacht, die sich auf die Steuerfestsetzung auswirken.  

Das Gesetz unterscheidet zwischen drei Vorsatzformen, die sich allerdings nicht in Hinblick auf die strafrechtlichen Konsequenzen auswirken:

1. Der direkte Vorsatz 1. Grades

In diesem Fall weiß der Betroffene genau, was er tut. Sie handelt mit der Absicht, weniger Steuern zahlen zu müssen, als rechtlich vorgeschrieben ist. Laut Rechtsprechung steht hier das „Willenselement“ im Vordergrund.

2. Der direkte Vorsatz 2. Grades

Im Prinzip wie der Vorsatz 1. Grades, allerdings mit dem Unterschied, dass hier das „Wissenselement“ den Vorrang hat. Die Person sieht es als sicher an, dass durch ihr Verhalten eine Steuerverkürzung bewirkt wird, aber hier hat eben das Wissen und nicht der Wille die Oberhand.

3. Der bedingte Vorsatz

Dieser wird auch als Eventualvorsatz bzw. lat. dolus eventualis bezeichnet: Der Betroffene legt es nicht in erster Linie darauf an, Steuern zu verkürzen, er hält es aber für möglich, dass dies geschieht. Man könnte auch sagen, er findet sich mit der Steuerverkürzung ab oder billigt sie.

Fahrlässige Steuerhinterziehung

Beim fahrlässigen Verhalten werden zwei Typen unterschieden:

1. Unbewusste Fahrlässigkeit

Jeder Steuerzahler ist entsprechend seiner Umstände und seiner persönlichen Fähigkeiten dazu verpflichtet, sorgfältig bei seinen Angaben in der Steuererklärung vorzugehen. Lässt er dies außer Acht, handelt er unbewusst fahrlässig.

2. Bewusste Fahrlässigkeit

Vertraut der Steuerzahler darauf, dass der strafbare Erfolg nicht eintritt, dann handelt er bewusst fahrlässig.

Straftat oder Ordnungswidrigkeit

Gemäß § 15 StGB werden Steuervergehen nur strafrechtlich verfolgt, wenn sie den Tatbestand des Vorsatzes erfüllen. Fahrlässige Handlungen gelten hingegen nur als Ordnungswidrigkeit.

Dementsprechend unterschiedlich sind die Strafen

  • Bei einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung können Höchststrafen von 5 Jahren, in schweren Fällen bis zu zehn Jahren verhängt werden. 
  • Bei einer fahrlässigen Steuerhinterziehung müssen die Betroffenen im schwersten Fall mit einem Bußgeld von 50.000 Euro rechnen. 

Welche Verhaltensweise zugrunde liegt, entscheidet das Gericht immer unter Berücksichtigung der speziellen Umstände eines Falles. Es muss untersucht werden, inwieweit der Täter Kenntnis von der Steuerverkürzung hat bzw. wie oder ob es ihm möglich war, die Verkürzung zu erkennen.

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Von Erwin Glaab

Rechtsanwalt und Steuerberater. Fachanwalt für Steuerrecht & Fachberater für internationales Steuerrecht

2 Kommentare

  1. Hallo,

    kurze Frage zu der Abgrenzung Vorsatz vs. (grob) fahrlässig?!
    Wie verhält es sich denn, wenn für einen bestimmten Sachverhalt erst im Jahr 2023 ein höchstinstanzliches Urteil getroffen wurde, dass Einnahmen aus xyz zu versteuern sind. Kann man dann für Vorjahre seitens der Finanzbehörden einen Vorsatz (Steuerhinterziehung) unterstellen oder ist das als fahrlässig bzw. grob fahrlässig (Leichtfertige Steuerverkürzung) einzustufen?

    1. Vielen Dank, das kann man pauschal nicht beantworten. Grundsätzlich dürfte es aber irrelevant sein, wann und wie der BFH einen Sachverhalt steuerlich würdigt. Wenn ich an die Cum Ex- und teilweise auch die Cum Cum-Fälle denke, spielte das praktisch keine Rolle. Es wird aber immer auf den Einzelfall ankommen.

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